Veröffentlicht am 21.10.2024

Zivilgesellschaftliches Lagebild Antidiskriminierung 2023

Das Zivilgesellschaftliche Lagebild Antidiskriminierung 2023 präsentiert umfassende Erkenntnisse zu Diskriminierungsfällen, die von den Mitgliedsorganisationen des Antidiskriminierungsverbands Deutschland (advd) dokumentiert wurden. Dieses Lagebild bietet einen wichtigen Überblick über die aktuellen Diskriminierungsrealitäten und zeigt auf, welche Herausforderungen für eine diskriminierungsfreie Gesellschaft noch bestehen.

Wichtige Erkenntnisse aus dem Lagebild 2023

  1. Steigende Fallzahlen – Diskriminierung als tägliche Realität
    Im Jahr 2023 wurden bei den beteiligten Beratungsstellen insgesamt 2.605 neue Diskriminierungsfälle dokumentiert. Diese Zahl verdeutlicht die alltägliche Präsenz von Diskriminierung in Deutschland – im Durchschnitt wurden sieben neue Fälle pro Tag gemeldetunkelziffer dürfte noch weit höher liegen, da viele Betroffene Diskriminierung nicht melden.
  2. Rassismus als häufigste Diskriminierungsform
    Fast 50,4 % aller dokumentierten Diskriminierungsfälle sind rassistisch motiviert. Besonders stark betroffen sind Menschen, die antimuslimischen oder anti-Schwarzen Rassismus erfahren haben.
  3. Diskriminierung in verschiedenen Lebensbereichen
    Diskriminierung findet in vielen Lebensbereichen statt, wobei der Arbeitsmarkt (24,7 % der Fälle) und der Bildungssektor (18,8 %) die häufigsten Schauplätze sind. Auch im Bereich Güter und Dienstleistungen sowie bei staatlichen Behörden wurden zahlreiche Diskriminierungen gemeldet.

Handlungsempfehlungen: Wege zu einem effektiveren Diskriminierungsschutz

Das Lagebild Antidiskriminierung 2023 äußert klare Handlungsempfehlungen, um den Diskriminierungsschutz in Deutschland zu stärken und zu erweitern. Hier die wichtigsten Maßnahmen im Überblick:

  1. Zivilgesellschaftliche Antidiskriminierungsberatungsstellen stärken und nachhaltig finanzieren
    Die Beratungsstellen leisten unverzichtbare Arbeit. Im Jahr 2023 betreuten sie im Schnitt 104 neue Fälle pro Stelle, was die begrenzten Kapazitäten der Stellen verdeutlicht. Trotz der immensen Arbeitsbelastung verfügen viele Stellen nur über eine Vollzeitstelle, die auch für Verwaltung, Netzwerkarbeit und Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich ist. Daher muss die personelle und finanzielle Ausstattung dringend verbessert werden, um den steigenden Bedarf decken und die Qualität der Beratung aufrechterhalten zu können.
  2. Den Geltungsbereich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) auf staatliches Handeln ausweiten
    Ein Drittel der dokumentierten Diskriminierungsfälle geschah in den Bereichen Bildung, Ämter und Behörden sowie Polizei und Justiz – Bereiche, die vom AGG bislang kaum abgedeckt werden. Eine Erweiterung des Geltungsbereichs des AGG auf staatliches Handeln ist notwendig, um Betroffenen auch in diesen zentralen Lebensbereichen rechtlichen Schutz zu bieten.
  3. AGG erweitern
    Rund 19,5 % der Fälle betreffen Diskriminierungen, die derzeit nicht im AGG erfasst sind, darunter Diskriminierungen aufgrund von Klassismus, Fürsorgeverantwortung oder Lookismus. Der Schutz muss erweitert werden, um alle relevanten Diskriminierungsformen zu erfassen und den gesellschaftlichen Realitäten gerecht zu werden.
  4. Verbandsklagerecht und Prozessstandschaft einführen
    Um die Rechte von Diskriminierten effektiv zu schützen, sollten Antidiskriminierungsverbände das Recht erhalten, im Namen von Betroffenen vor Gericht zu klagen (Prozessstandschaft) und unabhängig von einzelnen Betroffenen Diskriminierungsfälle gerichtlich anzufechten (Verbandsklagerecht). Dies würde die Rechte von diskriminierten Gruppen stärken und sicherstellen, dass strukturelle Diskriminierungen auf breiter Ebene bekämpft werden.
  5. Landesantidiskriminierungsgesetze in allen Bundesländern verabschieden
    Besonders im Bildungsbereich ist Diskriminierung häufig, aber dieser Bereich ist nicht vom AGG abgedeckt. Es braucht in allen Bundesländern spezifische Antidiskriminierungsgesetze, die den Schutz in Bildungseinrichtungen sowie in anderen Bereichen, die nicht durch das Bundesrecht geregelt sind, verbessern.

Download des zivilgesellschaftlichen Lagebildes Antidiskriminierung 2023

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