Gemeinsam jüdisch kochen
Informationen und Hintergründe zur Idee
Die jüdische Küche ist für ihre große Vielfalt bekannt. Sie wurde über Jahrhunderte einerseits durch die aus der Tora und der jüdischen Glaubenslehre abgeleiteten Speisevorschriften, andererseits durch Zutaten, Rezepte und Zubereitungsformen verschiedenster bedeutender Küchentraditionen geprägt. Die Veranstaltungsreihe Gemeinsam jüdisch kochen im Berufskolleg Bottrop bringt diese bunte, anregende und köstliche Seite der jüdischen Kultur allen Interessierten näher. Beim gemeinsamen Kochen und Essen erleben und genießen die Teilnehmenden mit allen Sinnen eine besondere Form des neuen Miteinanders.
„Gemeinsam jüdisch kochen“ soll die angenehme, vertraute und für die meisten Menschen zentrale Facette von Lebensqualität im Alltag (Koch-, Ess-, Genuss- und Tischgesprächs-Kultur) verbinden mit einem als „schwer“ wahrgenommenen Thema der politischen Bildung und historischen Verantwortung (Erinnerungs-, Präventions- und Engagement-Kultur).
Diese vielschichtige Konstellation könnte eine gute Möglichkeit eröffnen, auf beiden Ebenen Anspruch und Konsequenz mit Spontaneität und Selbstverständlichkeit in Einklang zu bringen. Kochen und Essen können gleichzeitig für Ernährung als Gesundheitsfaktor und überlebenswichtigem Bestandteil der Daseinsvorsorge stehen – und für Spaß und Geselligkeit, für Freude an der Kochkunst und nicht zuletzt für Gastfreundschaft und kultureller Teilhabe.
So anspruchsvoll und auch etwas theoretisch dies alles klingt, so einfach und naheliegend ist die praktische Umsetzung. Dabei werden geeignete Lebensmittel aus regionaler Erzeugung vom Bottroper Wochenmarkt in der Lernküche des Berufskollegs der Stadt Bottrop zu kleinen und großen Köstlichkeiten verarbeitet. An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass eine echte, koschere Zubereitung von Essen über alle genauen Regeln der Kashrut im Detail hinaus nur in Küchen möglich ist, in denen immer und ausschließlich koscher gekocht wird.
Aber auch bereits eine praktikable Orientierung an Original-Rezepturen und die gemeinsame Lust an der Sorgfalt bei der Zubereitung und erst recht natürlich an den kulinarischen Ergebnissen hat immer auch eine kulturelle und historische Dimension. Je nachdem, ob aschkenasische oder sephardische Köchinnen und Köche am Herd stehen, variieren die Zutaten und Rezepte zwischen mittel- und osteuropäischen Einflüssen und der arabisch-türkischen Kochkunst. Wohlgemerkt schmecken dabei sowohl Elemente der Balkan-Küche und österreichisch-ungarische oder französische und polnische Traditionen durch, als auch vertraute mediterrane und arabisch-orientalische Noten – bis hin zu ihren altägyptischen und byzantinischen Ursprüngen. Es geht also ganz automatisch nicht nur um einen explizit politischen Bildungsauftrag gegen die leider sehr reale Gefahr des Antisemitismus. Auch das Kochen hat seine Geschichte, im Alltag des Überlebens und im Luxus der Festbankette und dem Prestige-Kult der Sterne-Restaurants. Und auch bald in Bottrop in unserem besonderen Veranstaltungs- und Begegnungsformat.
Zur Auftaktveranstaltung sind Oberbürgermeister Bernd Tischler und die Vorsitzende der jüdischen Gemeinde in Gelsenkirchen, Judith Neuwald-Tasbach herzlich eingeladen, im Idealfall selbst gemeinsam mit Schüler*innen, Lehrer*innen und der bunten Gruppe von Teilnehmenden Hand anzulegen und zu genießen. Für das Jahr 2021 sind - von Corona Vorschriften abhängig - Veranstaltungen mit wechselnden Teilnehmer*innen geplant.