Veröffentlicht am 17.10.2024
Warum gefährdet Armut unsere Demokratie?
Heute, am Internationalen Tag zur Beseitigung der Armut, möchte wir die Aufmerksamkeit auf ein drängendes Thema lenken: die Bedrohung unserer Demokratie durch die wachsende Armut und soziale Ungleichheit.
Armut und Demokratie: Eine gefährliche Verbindung
Armut geht weit über den Mangel an finanziellen Mitteln hinaus. Sie beeinflusst viele Aspekte des täglichen Lebens, wie die Gesundheit, die Wohnsituation und die gesellschaftliche Teilhabe. Diese strukturellen Probleme führen zu Frustration, Enttäuschung und letztlich zum Vertrauensverlust in die politischen Institutionen.
Besonders alarmierend ist, dass 47% der dauerhaft armen Menschen in Deutschland dem Bundestag nicht mehr vertrauen. Dieser Vertrauensverlust hat weitreichende Konsequenzen, da eine funktionierende Demokratie das Vertrauen und die Beteiligung ihrer Bürgerinnen und Bürger voraussetzt. Wenn Menschen sich nicht gehört, gesehen oder respektiert fühlen, entsteht eine zunehmende Entfremdung vom politischen System. Demokratie lebt von Inklusion, doch wenn sich ein Teil der Bevölkerung ausgeschlossen fühlt, steht das Fundament dieser Regierungsform auf dem Spiel.
Einkommensungleichheit in Deutschland: Eine wachsende Schere seit den 1990er Jahren
Seit den 1990er Jahren hat sich die Einkommensungleichheit in Deutschland kontinuierlich verschärft. Die Ursachen dafür sind vielfältig: Der Rückbau von Sozialleistungen, die Reformen am Arbeitsmarkt – insbesondere die Hartz-Reformen – und die sinkende Tarifbindung haben dazu geführt, dass besonders Menschen mit niedrigen Einkommen immer mehr ins Hintertreffen geraten.
Während es in den 1990er und 2000er Jahren noch einen gewissen Spielraum für sozialen Aufstieg gab, ist dies für viele heute kaum noch möglich. Trotz eines gesunkenen Arbeitslosigkeitsniveaus ist die Ungleichheit weiter gewachsen. Während höhere Einkommen stetig ansteigen, sind die unteren Einkommensschichten real gesunken. Die Corona-Pandemie, steigende Inflation und Energiekrise haben die Lage weiter verschärft, was dazu führte, dass arme Haushalte es zunehmend schwerer haben, sich aus ihrer Lage zu befreien.
Wer ist von Armut betroffen?
Armut betrifft in Deutschland vor allem sozial schwächere Gruppen. Besonders betroffen sind:
- Alleinerziehende
- Rentner*innen
- Menschen ohne gesicherten Job
- Frauen
- Menschen mit Migrationshintergrund
- Personen mit niedriger Bildung
Diese Gruppen sind überproportional von Armut betroffen, weil sie in unsicheren Arbeitsverhältnissen beschäftigt sind oder aufgrund ihres sozialen Hintergrunds nur schwer Zugang zu gut bezahlten und stabilen Arbeitsplätzen erhalten.
Warum sind arme Menschen frustriert?
Für arme Menschen bedeutet Armut oft mehr als nur finanzielle Einschränkungen. Sie haben häufig das Gefühl, von der Gesellschaft ausgeschlossen zu sein, und erleben mangelnde soziale Anerkennung. Diese Erfahrung der Geringschätzung führt zu tiefer Frustration, weil sie spüren, dass ihre Bedürfnisse und Sorgen nicht ernst genommen werden
Viele von ihnen kämpfen täglich mit großen Sorgen um ihre wirtschaftliche Zukunft, Gesundheit und Altersvorsorge. Diese Unsicherheiten verstärken das Gefühl, allein gelassen zu werden, und führen letztlich zu einem Misstrauen gegenüber der Politik. Denn wenn sich das Leben trotz harter Arbeit nicht verbessert, schwindet das Vertrauen in die Wirksamkeit demokratischer Prozesse.
Die Konsequenzen: Demokratie in Gefahr
Wenn die Kluft zwischen Arm und Reich weiter wächst, wird das Vertrauen in die Demokratie weiter erodieren. Armut macht Menschen politisch und gesellschaftlich unsichtbar – sie fühlen sich ausgeschlossen und verlieren die Hoffnung, dass ihre Stimme gehört wird. Diese Entwicklung kann gefährlich werden, denn sie untergräbt die Grundpfeiler unserer Gesellschaft: den Zusammenhalt, das Vertrauen und die Solidarität.
Was können wir tun?
Als Gesellschaft müssen wir die Ursachen der Armut ernsthaft bekämpfen, soziale Ungleichheiten abbauen und sicherstellen, dass alle Menschen die Chance auf ein würdiges Leben haben. Politische Maßnahmen müssen darauf abzielen, die Teilhabe aller zu gewährleisten und soziale Anerkennung zu fördern, damit das Vertrauen in die Demokratie wieder gestärkt wird.
Quelle: WSI Report Nr.90